Persönliche Erklärung nach §31 GO BT (CETA)

Donnerstag, 01.12.2022

Persönliche Erklärung nach §31 GO BT
zum Ratifizierungsgesetz des Gesetzes zu dem Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits vom 30. Oktober 2016

Gemeinsam mit einigen Hundertausenden habe ich gegen die Transatlantischen Handelsabkommen TTIPP und CETA demonstriert. Auf der Bundesdelegiertenkonferenz der GRÜNEN im November 2016 in Münster haben wir mit dem Beschluss: „Neustart für den fairen Handel – CETA-Vertrag nicht zustimmen“ einen wegweisenden Grundlagenbeschluss zur Ausrichtung verantwortungsvoller Handelspolitik gefasst und uns klar gegen CETA positioniert. Die Hauptgründe waren Befürchtungen, dass Einzelinteressen von Industriezweigen über demokratische Entscheidungen der Länder gestellt werden, drohende Handelserleichterungen u.a. für genmanipulierte Nahrungsmittel und nachteilige Auswirkungen auf die Landwirtschaft und Ökologie.

Einer der großen Kritikpunkte waren die privaten Schiedsgerichte: Konzerne sollten Sonderklagerechte gegen Staaten erhalten, die vor privaten Schiedsgerichten entschieden worden wären. Dabei wäre jeweils ein Richter von dem klagenden Konzern, einer von dem beklagten Staat gestellt worden; diese beiden hätten dann gemeinsam einen dritten Richter benannt.

Diese Form des Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit wurde bereits im CETA-Kerntext formalisiert und beschränkt: Nun werden die Richter von den beteiligten Vertragspartnern (EU; Kanada), also staatlich, gestellt. Damit sind die Gerichte unabhängiger. Das ist besser, aber auch noch nicht perfekt. Nach wie vor streben wir Grüne einen multilateralen Handelsgerichtshof an. Das ist auch als gemeinsames Ziel in der handelspolitischen Agenda der Bundesregierung verankert.

Nach langen Verhandlungen in der Bundesregierung und im Bundestag liegt nun ein handelspolitisches Gesamtpaket vor, das im Wesentlichen aus folgenden vier Punkten besteht:

  • Eine verbindliche Erklärung des gemeinsamen CETA-Ausschuss (bestehend aus EU und Kanada), die den Rahmen für Investorenklagen auf direkte Enteignung und Inländer-Gleichbehandlung gleichsetzt. Zugleich werden staatliche Maßnahmen hinsichtlich des 1,5° Ziels ausdrücklich geschützt.
  • Nach Inkrafttreten wird die sogenannte Review-Klausel aufgerufen, um weitergehende Nachhaltigkeitskapitel zu verhandeln.
  • Zeitgleich mit der Ratifikation von CETA wird der Austritt aus der Energiecharta beschlossen. Die Energiecharta war Grundlage für die Klagen gegen den Deutschen Atomausstieg und den Niederländischen Kohleausstieg. Ein ganz wichtiger Schritt für den internationalen Klimaschutz.
  • Für zukünftige Handelsabkommen werden Nachhaltigkeitskapitel verbindlich, im Falle von Chile und Mexiko über die Review-Klausel, angegangen. Für Mercosur haben wir effiziente Waldschutzabkommen als Voraussetzung festgehalten. Das ist ein wichtiges Vehikel für den Schutz des Amazonas und damit zentral für den Klimaschutz.

Auch wenn die CETA-Ratifizierung schmerzt, haben wir substantielle Verbesserungen erreicht. Wir haben für Mercosur den Waldschutz und für weitere Abkommen Nachhaltigkeits- und Klimaschutz-Ziele verankert. Wir steigen aus der Energiecharta aus, einem zentralen Hemmnis für weltweiten Klimaschutz. Zudem werden wir in einer sich ändernden Weltordnung unserer internationalen Verantwortung gerecht und stärken verlässliche und nachhaltige Handelsbeziehungen und Lieferketten mit demokratischen, befreundeten Staaten. Deswegen werde ich nach diesen zentralen handelspolitischen Verbesserungen der Ratifizierung von CETA zustimmen.

Sven-Christian Kindler MdB