Zum 25. braucht der Euro eine Generalüberholung

Montag, 14.12.2020
Zum 25. Jahrestag der Einigung auf den Euro am 15./16. Dezember 1995 erklären Dr. Franziska Brantner, Sprecherin für Europapolitik, und Sven-Christian Kindler, Sprecher für Haushaltspolitik:

An seinem 25. Geburtstag steckt der Euro mitten in der größten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Corona-Pandemie sowie die Wirtschafts- und Finanzkrise waren ein deutlicher Weckruf, dass wir den Euro stärker gegen externe Schocks wappnen müssen. Auch brauchen wir für eine souveränere EU einen starken Euro. Mit der Bankenunion, dem Euro-Rettungsschirm (ESM) oder dem EU-Investitionsfonds wurden in der Eurokrise zwar schon einige Schritte in die richtige Richtung unternommen. Nun, zum 25. Jahrestag, braucht der Euro weitere tiefgreifende Reformen. Die Bundesregierung darf diese nicht weiter ausbremsen.

Wir müssen die Wirtschafts- und Währungsunion endlich vollenden. Ein zentrales Problem der Währungsunion war und ist, dass die Wirtschafts- und Finanzpolitik mit der Einführung des Euro nicht vergemeinschaftet wurde. Eine Währungsunion ohne gemeinsame Fiskal-, Wirtschafts-, Haushalts- und Sozialpolitik funktioniert auf Dauer aber nicht. Für uns ist darum klar: Es braucht weitere mutige Schritte, damit Europa gemeinsam aus der Krise kommt und ein Neustart gelingt. Dafür braucht es jetzt Maßnahmen, um die heftigen gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieser Pandemie zu bewältigen. Die Einigung auf das europäische Wiederaufbauprogramm Next Generation EU war dafür ein wichtiger und historischer Schritt. Allerdings: Auch nach der Corona-Krise braucht es ein Fiskalinstrument mit ausreichender makroökonomischer Wirkung, um den Wiederaufbau der kommenden Jahre zu stabilisieren und Europa gegen zukünftige Kris en zu schützen. Wir sollten die Krise als Chance nutzen.

Wir brauchen einen ökonomisch wirkungsvollen und dauerhaften Eurozonenhaushalt, der mittelfristig ein Prozent der europäischen Wirtschaftskraft umfasst. Dieser speist sich aus neuen Einnahmequellen, etwa einer gemeinsamen Unternehmenssteuer sowie dem Kampf gegen aggressive Steuervermeidung. Nur so können wir uns gegen künftige Krisen und Blockaden wappnen und müssen nicht jedes Mal neu im Notfallmodus Hilfspakete schmieden. Klar ist auch, dass wir die Ausgaben an klare Kriterien knüpfen wie den Schutz öffentlicher Güter, Innovation, Klimaschutz und Rechtsstaatlichkeit.

Ein starker Eurozonenhaushalt ist ein wichtiger Baustein für einen starken Euro. Doch das allein reicht nicht. Außerdem müssen wir den Europäischen Stabilitätsmechanismus zu einem Europäischen Währungsfonds ausbauen, der nicht erst in der Krise, sondern präventiv Kredite vergeben kann. Schuldnerländer müssen im Gegenzug ihre Strukturen reformieren, sich aber nicht einer ruinösen Sparpolitik unterwerfen, die sie weiter in die Schuldenspirale treibt. Die Europäische Investitionsbank und die Europäische Entwicklungsbank brauchen mehr Kompetenzen für direkte Investitionen außerhalb der EU. Die EZB sollte Devisenswap-Vereinbarungen auch noch an weitere Zentralbanken von Ländern ausstellen, die zwar nicht den Euro haben, aber in denen der Euro im Privatsektor weit verbreitet ist. Ein digitaler Euro erleichtert zudem den Zahlungsverkehr und fördert Innovationen.

Nur mit einer solchen gemeinsamen europäischen Wirtschaftspolitik und einem starken Euro, den wir zu einer internationalen Leitwährung ausbauen, kommen wir zu einer souveränen Europäischen Union. Mit einer starken Währung im Rücken kann die EU nach innen und nach außen eine tragende Rolle im Krisenmanagement übernehmen und ihre eigenen Werte und Interessen besser durchsetzen.