Statement: CSU Verkehrsminister sparen 12 Jahre lang Bahn kaputt

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Dienstag, 23.02.2021
Das gemeinsame Statement von MdB Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion und MdB Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion zum Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 23.02.21:

„Die CSU macht im Bundesverkehrsministerium seit über 10 Jahren eine verheerende Straßenbau-first-Politik und vernachlässigt dabei sträflich den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur. Klimaschutz und die Verkehrswende werden, wo es geht, durch die CSU blockiert und hintertrieben. Milliarden hat die CSU für den Straßenbau verschwendet und damit die Verkehrsprobleme nicht gelöst, sondern vielfach noch verschärft. Man schützt nicht das Klima, sondern man zerstört es weiter, indem man immer neue Straßen baut.

Die CSU-Verkehrsminister Ramsauer, Dobrindt und Scheuer haben die Infrastruktur der Bahn über mehr als 10 Jahre fahrlässig auf Verschleiß gefahren. Jede dritte Weiche, jedes dritte Gleis und jede fünfte Brücke sind so alt, dass sie eigentlich ersetzt werden müssten. Doch Andreas Scheuer lässt sie nicht austauschen, sondern hofft, dass die Bahninfrastruktur noch ein wenig durchhalten wird. Dadurch spart er zwar jetzt etwas Geld, aber mittelfristig kommt das den Bund doppelt teuer zu stehen: Fällt eine Weiche oder ein Stellwerk aus, dann beeinträchtigt das den Bahnbetrieb massiv. Leidtragende sind die Millionen Fahrgäste und Unternehmen der verladenden Wirtschaft, die auf einen zuverlässigen und pünktlichen Betrieb angewiesen sind. Darüber hinaus hat die Bundesregierung Investitionen seit Jahren aufgeschoben, so dass sich jetzt eine regelrechte Bugwelle aufgebaut hat. Schon heute beträgt der Investitionsstau bei der Schieneninfrastruktur unglaubliche 29 Mrd. Euro. Doch statt das nötige Geld in die Hand zu nehmen, lässt Andreas Scheuer immer neue Straßen bauen. Für Straßen sitzt das Geld beim Verkehrsminister locker, für Gleise, Weichen und Brücken nicht.

Wenn die Klimaschutzziele im Verkehr und die Fahrgastziele für die Bahn bis 2030 erreicht werden sollen, dann werden die Schieneninfrastrukturen in den kommenden Jahren noch viel stärker beansprucht werden als bislang. Daher muss der Bund jetzt die Mittel zur Sanierung und zum Erhalt der Bahninfrastruktur deutlich aufstocken. Dass der Bundesverkehrsminister die Schienenwege in Deutschland weiterhin bewusst auf Verschleiß fährt, können wir uns nicht mehr länger leisten.

Statt ständig neuer Straßen braucht Deutschland neue Schienenstrecken. Wie soll die Bahn 2030 doppelt so viele Fahrgäste transportieren, wenn das Bahnnetz dafür nicht ausgelegt ist? Wie soll ein Deutschland-Takt ohne höhere Netzkapazitäten realisiert werden? Für die Verkehrswende brauchen wir endlich Tempo beim Schienenausbau, zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren und mehr Geld für die Schiene. Wir brauchen eine „Schiene-first-Mobilitätspolitik“. Dazu müssen die Mittel für den Aus- und Neubau im Schienennetz von jetzt rund 1,5 Milliarden schnell auf 3 Milliarden Euro verdoppelt werden.

Der Finanzbedarf für den Schienenausbau ist gewaltig. Zu den 74 Mrd. Euro kommen zusätzlich aber noch viele Milliarden für den Deutschland-Takt oben drauf. Doch bisher ist vollkommen nebulös, woher das Geld dafür kommen soll. Weder Andreas Scheuer noch Olaf Scholz scheren sich darum. Das ist schlichtweg Arbeitsverweigerung vom Verkehrsminister und Finanzminister.

Wenn wir den Schienenverkehr zum Rückgrat der Verkehrswende machen wollen, wenn wir die Fahrgastzahlen verdoppeln wollen und massiv Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern wollen, dann müssen wir jetzt die Weichen dafür stellen. Dann muss jetzt klar sein, wie wir diese Ziele finanzieren wollen. Das ist angesichts der Klimakrise eine existenzielle Zukunftsaufgabe und der muss sich die Bundesregierung jetzt stellen. Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung von Jahr zu Jahr nur nach Kassenlage für den Bahnausbau Geld gibt oder eben nicht. Wichtige Zukunftsinvestitionen müssen wir langfristig und verlässlich finanzieren. Hierfür sollte der Bund über einen Investitionsfonds auch Kredite aufnehmen, denn Investitionen ins Bahnnetz erzielen eine doppelte Rendite: Sie sind gut fürs Klima und lohnen sich für den Staat auch wirtschaftlich. Der Bund kann sich zudem gerade zu negativen Zinsen verschulden. Die Regierung muss auch die Mittel beim Autobahn- und Bundesstraßenbau massiv kürzen und den unsinnigen Finanzierungskreislauf Straße beenden. Die Lkw-Maut-Einnahmen sind bei der Schiene besser aufgehoben als beim Bau von neuen Straßen, die angesichts der Klimakrise niemand mehr verantworten kann.

Mit Blick auf die massiven Baupreissteigerungen im Bahnbau kommt die eingefrorene Finanzplanung der Bundesregierung für die Bahn de facto einer Kürzung gleich. Der Bund erhält für das gleiche Geld immer weniger Bahninfrastruktur. Für das Geld, dass die Deutsche Bahn im nächsten Jahr für eine Brücke zur Verfügung hat, bekommt sie bei solchen hohen Baupreissteigerungen bald nur noch eine halbe Brücke. Verkehrsminister Scheuer und Finanzminister Scholz müssen die Mittel für die Bahn deutlich aufstocken. Die Verkehrswende, Klimaschutz und eine starke Bahn gibt es nicht zum Nulltarif. Die Mittel für den Bahnausbau müssen verdoppelt werden. Nur so können die Projekte realisiert werden, die es für einen leistungsfähigen Schienenverkehr in Deutschland braucht. Bei Straßen sitzt beim Verkehrsminister das Geld immer locker, aber bei der Bahn knausert er.

Für den Klimaschutz gibt es bei Andreas Scheuer ein paar Millionen, für die Klimazerstörung werden dagegen Milliarden verschwendet. So werden unsere Lebensgrundlagen weiter kaputt gemacht. Fest steht: Wenn die Bundesregierung weiterhin klimaschädlichen Verkehr mit Milliarden subventioniert, dann werden wir die Klimaschutzziele auch weiterhin reißen. Klimaschädliche Subventionen im Verkehr müssen abgeschafft werden. Punkt. Es ist niemandem mehr zu erklären, wieso der Dieselkraftstoff aus Steuergeldern subventioniert wird und warum Kerosin noch immer steuerfrei ist. Das verzerrt den Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern und schädigt massiv das Klima und die Luft in unseren Städten.“

Zum SZ-Artikel: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutsche-bahn-streckennetz-bundesregierung-verkehrspolitik-1.5214486